Eine äußerst interessante Theaterversion der größten und berühmtesten Liebestragödie „Romeo und Julia“ von William Shakespeare wurde am Dienstag, 11 Juni 2024, und Mittwoch, 12. Juni 2024, in der Alten Turnhalle präsentiert.
Nach der Kleinen Hexe war Romeo und Julia schon die zweite Produktion der Theater-AG im Schuljahr 2023/24. Dieses Mal waren die Darstellerinnen Schülerinnen der Stufen 10 und 11 des Gymnasiums.
In der modernen Bearbeitung von Ulrich Radoy mit dem Titel „Julia und Romeo“ ist die verbotene Liebesbeziehung ausschließlich Frauensache. Romeo tritt nur als Idee und Fantasie in den Monologen von Julia in Erscheinung. Julia steht sehnsuchtsvoll auf dem berühmtesten Balkon der Welt und schaut sprichwörtlich in die Leere, mit Romeo redend, ihn ersehnend. Eine großartige Idee, da es die Gefühlswelten aller Beteiligten und Betroffenen in konzentrierter Form auf die Bühne bringt.
Die Familien Capuletti und Montagini sind in der italienischen Modebranche verankert und werden ausschließlich von den Interessen der Mütter bestimmt (Leni Beinhardt / Neva Topal): Ziel der beiden Frauen ist es, die Kinder gewinnbringend zu verheiraten. Dies wird wiederum von der Presse – hier als Running-Gag – sensationslüstern vermarktet. Die beiden Zeitungsverkäuferin Brunella (Mia Günther) und Rosalia (Arsinoë Pappert) leiten marktschreierisch durch das prägnante und kurze Stück, und peitschen die Handlung mit Schlagzeilen in großer Geschwindigkeit voran. Ihre Auftritte gleichen Catwalks, um die Mode der jeweiligen Modehäuser zu präsentieren. Ein reiner Augenschmaus mit wechselnden, fulminanten Kostümen.
Die begehrte Rolle der Julia (Leni Jung / Ariane Huf) wird mit hoch emotionaler Inbrunst und natürlicher Leidenschaft dargestellt, während die mütterlich liebevolle Amme (Ileana Umlauff) den gesunden Menschenverstand verkörpert. Schwester Laurenzia (Samanta Thunert) fungiert als rettender Engel, denn in den entscheidenden Momenten hat sie weise Ratschläge, oder das passende Elixier, um die Probleme zu lösen.
Mit den beiden Freundinnen Lucia (Elli Klunt) und Paola (Lamiess Almatar) läuft die Kommunikation von Julia fast nur übers Handy oder das gemeinsame Shoppen.
Nur am Sterbebett von Julia kommen Gefühle auf, wobei auch hier an ihre Vernunft appelliert wird: nachdem sich Romeo vor den Zug geworfen hat, soll doch Julia den Franzosen, den Mutter Capuletti ‚organisiert‘ hat, heiraten – wäre doch viel besser. Was bleibt? Julia erschießt sich aus Verzweiflung, die Tragödie erhält ihre schicksalshalfte Bestimmung.
Was ein beeindruckender (Frauen)-Abend mit großartigen Schauspielerinnen, einer phantasievollen Regie mit reduziertem Bühnenbild (tiefroter Samt als Vorhang, eine Tür und ein Kleiderständer.) Musikalisch wurde die Vorstellung von Harald Schnurpfeil an der Gitarre verdichtet und der einfühlsame Gesang Neva Topals rührte alle zu Tränen. Ein großartiges Stück für junge Schauspielerinnen, in der die emotionalste Gedankenwelt und Gedankenlage jeglicher Parteien sprachlich prägnant gestaltet wird. Regie führte Claudia Rieger, die die Theater-AG an der Schule leitet. Ein starker Abend.
C. und M. Rieger