Was würde passieren, wenn Jugendlichen in Deutschland im Alter von 13 oder 14 Jahren der Vorschlag gemacht wird, nur mit dem Allernötigsten und zu Fuß eine Woche lang unterwegs zu sein? Würde nicht jeder Erwachsene mit seinen Erfahrungen mit dieser Altersgruppe erwarten, dass das ein völlig unsinniges und hoffnungslos utopisches Unterfangen ist?

Mag sein, aber die Erfahrung nach mittlerweile fünf Wochenetappen mit Schülerinnen unserer Schule, dem St.-Franziskus-Gymnasium und der -Realschule Kaiserslautern, auf dem Weg nach Assisi zeigt: Es gibt sie, diese jungen Menschen, die sich für ein ganz einfaches Leben, gemeinsam, mit allen Anstrengungen, die der Weg durch das Pfälzer Bergland, das Elsass, den Rhein entlang bis ins schweizerische Thusis, dann die steilen Hänge hinauf nach Graubünden, durch spektakuläre Schluchten und über Gebirgspässe mit sich bringt, mit überraschenden Unterkünften (drei Nächte in einem Bunker) und fehlenden Duschmöglichkeiten (welches Pfarrheim ist schon so ausgestattet?), mit ungewohntem Essen (Risotto) und schmerzendem Körper (Blasen an den Füßen, dicke Kniegelenke, „Isch habe Rücken!“, Mückenstiche und Zeckenbisse…) trotzdem begeistern können! Weil der all-inclusive-Urlaub eben doch nicht alles ist; weil es einfach Spaß macht, zusammen unterwegs zu sein und sich gegenseitig zu motivieren, wenn es mal zu anstrengend oder zu schwierig erscheint; weil das „Abenteuer Leben“ (so der Name der Arbeitsgemeinschaft) gelebt werden will – und Freude macht!

So auch in diesem Schuljahr: Nach zwei Tagestouren und zwei Touren mit einer Übernachtung im Pfälzer Bergland, bei denen wir von evangelischen und katholischen Gemeinden in Zweibrücken und Elmstein herzlich und unentgeltlich aufgenommen wurden, hatte sich eine Gruppe von 13 Schülerinnen mit drei Lehrkräften zusammengefunden, die die diesjährige Wochenetappe vom Malojapass in der Schweiz bis nach San Siro am Comer See in Angriff nehmen wollten.

Am Sonntag nach Pfingsten, also mitten in den Ferien(!), starteten wir morgens um 5.30 Uhr an der St.-Franziskus-Schule in Kaiserslautern mit zwei Bonibussen, die wir von Gemeinden aus dem Bistum (Grünstadt, Winnweiler) ausgeliehen hatten, um nach mehr als sieben Stunden Fahrt auch den ersten gewaltigen Abstieg hinunter ins Bergell in Angriff zu nehmen. Hatte es die Wochen zuvor dort vielfach und stark geregnet, so hatten wir Glück, dass ab diesem Zeitpunkt das Wetter immer besser wurde und wir wohlbehalten ankamen. Am ersten Abend waren wir zu Gast bei der Reformierten Gemeinde in Castelfranco, dem letzten Schweizer Dorf vor der italienischen Grenze. Am nächsten Tag sind wir über mehrere sehr anstrengende Auf- und Abstiege zu unserer Zielankunft gepilgert, von wo aus es mit den jeweils vorausgefahrenen und nachgeholten Bussen ins „Oratorio de San Luigi“ nach Chiavenna ging, das sich als quicklebendiges Jugend- und Stadtteilzentrum unter der Leitung von Don Mauro herausstellte. Von dort ging es über zwei weitere Stationen, an denen wir sehr herzlich von den dortigen Pfarrern empfangen und im Pfarrsaal beherbergt wurden, nach Musso am Comer See, wo wir im Gemeindesaal der Pfarrei sogar zwei Nächte verbringen durften. Unterwegs konnten uns weder Hitze noch Mücken noch Schlangen und Skorpione abhalten, das Jahresziel auf dem Weg unserer Schule nach Assisi zu erreichen. Letzterer hat sogar eine Schülerin am Morgen vor dem Abmarsch gebissen, aber sie war dermaßen cool (!!!), dass sie auch die letzte Tagesetappe bestens und ohne Jammern meisterte. Soviel zum Vorurteil über das angeblich schwache Geschlecht!

Was bleibt: Dankbarkeit für die Gastfreundschaft unterwegs, Dankbarkeit für die Gemeinschaft und Dankbarkeit für die Erfahrung des einfachen Lebens, wenigstens ein klein wenig nach dem Vorbild unseres Schulpatrons, dem hl. Franz von Assisi.

Was kommt: noch einige wunderbare Wochenetappen auf dem Weg nach Assisi, zu Fuß und auf dem Fahrrad, so dass wir in einigen Jahren dort ankommen werden – oder neu starten: zum wunderbaren Abenteuer des Lebens, das uns Vertrauen lehrt und die „Freude des Evangeliums“ erfahren lässt!

M. Lambrich